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Ouro Preto – Lebendiges Freilichtmuseum in alter Bergbautradition

Veröffentlicht am 20.12.2013

Nachdem sowohl der Lonely Planet als auch der Baedeker die kleine Stadt Ouro Preto, die von den ersten brasilianischen Goldgräbern gegründet wurde und zeitweise die Hauptstadt des Bundesstaates Minas Gerais und auch des brasilianischen Goldbergbaus war (Brasilien war einst die weltweite Nummer eins der Goldexporteure und „Vila Rica de Ouro Preto“ hatte Mitte des 18 Jhs mehr Einwohner als New York!) als absolut sehenswert einstufen, musste ich das unbedingt auch selbst erleben.

Nachdem sowohl der Lonely Planet als auch der Baedeker die kleine Stadt Ouro Preto, die von den ersten brasilianischen Goldgräbern gegründet wurde und zeitweise die Hauptstadt des Bundesstaates Minas Gerais und auch des brasilianischen Goldbergbaus war (Brasilien war einst die weltweite Nummer eins der Goldexporteure und „Vila Rica de Ouro Preto“ hatte Mitte des 18 Jhs mehr Einwohner als New York!) als absolut sehenswert einstufen, musste ich das unbedingt auch selbst erleben.
Zum Glück hat die UNESCO schon bald begriffen, dass das tolle Ensemble aus Barockkirchen und Kolonialstilhäusern absolut schützenswert ist und alsbald auch die komplette Altstadt zur Weltkulturerbe-stätte erklärt, die erste in Brasilien.

Doch da Ouro Preto („schwarzes Gold“) leider recht weit von Sao Paulo entfernt liegt – ca 680km – und mitten im Gebirge, dauert die Reise über Belo Horizonte, die heutige Hauptstadt von Minas Gerais, die erst Ende des 19. Jh als Retortenstadt gegründet wurde und heute mit 2.5 Mio. Einwohnern die drittgrößte Stadt Brasiliens ist, leider knappe 13h mit den öffentlichen Verkehrsmitteln.
Um Zeit und auch Übernachtungskosten zu sparen habe ich mich für den Nachtbus Sao Paulo – Belo Horizonte (23.45 – 08.00) entschieden, der zwar etwas teurer ist, dafür aber mehr Platz und eine richtige Liegeposition bietet. Leider ist der zentrale Busbahnhof in SP am anderen Ende der Stadt, was allein schon 1 Stunde Anreise bedeutet, dafür ist es aber eine echte Erfahrung, denn dort kommt man sich vor wie in einem großen Hauptbahnhof mit Ticketschaltern, Reisebüros, Wartebereichen, Restaurants, Imbissbuden, kleinen Boutiquen und einem großen Bahnhofsklo (mit Bärengarten-Atmosphäre ;-) )
In einer der Kneipen stand sogar ein Flügel, an dem verschiedene Künstler Live-Musik zum Warte-Bier angeboten haben, bevor man dann an einen der über 50 (!) „Bus“-steige geht, von denen gefühlte jede halbe Stunde ein anderer Bus abfährt und das rund um die Uhr!

Dummerweise hab ich zwei Freundinnen, die unbedingt zusammen sitzen wollten, angeboten den Platz zu tauschen mit dem Erfolg, dass die die ganze Nacht gekichert haben und ich direkt unter der zentralen Klimaanlage saß, was meine Chancen, die Nacht durchzuschlafen nicht gerade verbessert hat…
So bin ich also nach 8 h Fahrt und 4 h Schlaf in Belo Horizonte angekommen, wo ich mir Bustickets für Ouro Preto gekauft und dann in den geplanten 3 h Aufenthalt einen kleinen Stadtrundgang gemacht habe.
Da die Stadt sehr jung ist, wurde zumindest das Zentrum im Schachbrett-Muster geplant mit erfreulich vielen grünen Flecken, vor allem einem wunderschönen Stadtpark und der Praca Libertade, ersterer ist aber früh morgens wohl eher von aufwachenden Obdachlosen (von denen es hier fast mehr zu geben scheint als in Sao Paulo), der zweite im Gegensatz dazu von Lauffreunden geprägt, die hier ihr Wohlstands-Bäuchlein los werden wollen.
Warum dieser Bundestaat „Minas Gerais“ heißt, wurde mir dann im „Regionalexpress“ BH – Ouro Preto klar, denn die Gold—und Silberstollen von früher haben schonlängst Platz gemacht für große Tagebau-Minen, in denen die roten und silbernen Erden zur Stahl- und Aluminiumherstllung abgebaut werden; oder besser „abgetragen“, denn die riesigen Minen internationaler Konzerne machen auch vor ganzen Bergketten nicht halt!
Dementsprechend kann man die großen Minen oft auch schon einige Kilometer vor der Werkseinfahrt daran erkennen, dass die Straße, Verkehrsschilder, Autos und sogar Bäume und Büsche mit rötlichem Staub überzogen sind!
Weitere deutliche Zeichen sind extreme Erosion und Ortsnamen wie „Bauxita“

Zum Glück ist aber wenigstens in Ouro Preto diese moderne Art des Bergbaus nie angekommen; dank der isolierten Lage in sehr hügeligem Gelände und ein bisschen abseits der Schnellstraße Rio – BH scheint hier die Zeit stehen geblieben zu sein, nachdem die Anführer der „Inconfidencia Mineira“, jene Aufständischen Bürger Ouro Pretos, die die Unabhängigkeit der damaligen Kolonie Brasilien von der portugiesischen Krone erreichen wollten, ins Exil vertrieben, eingekerkert oder enthauptet wurden.
Dem Tourist ist das sehr recht, denn die Altstadt des heute ca 80000 Einwohner zählenden Städtchens erinnert eher an ein großes Freilichtmuseum, nur dass die teils schiefen Häuser mit den alten Holzläden, die überwältigenden und sich auf den vielen Hügel der Stadt erhebenden Kirchen und auch die steilen Sträßchen und Gassen, allesamt mit Kopfsteinen gepflastert, nicht nur authentisch, sondern wirklich echt sind!
Bei meinem Rundgang habe ich mir einen schönen Überblick über das liebenswerte Städtchen machen können, ein paar tolle Kirchen gesehen mit noch originalen Holzböden und bemalten Holzdecken, tollen Wandfresken und meist auch mit faszinierender Aussicht und toller Einrichtung. So gibt es z.Bsp. eine Kirche, die nur für schwarze Sklaven gebaut wurde, da diese nicht mit den weißen Minenbesitzern gemeinsam den Gottesdienst feiern durften! Konsequenterweise sind auch alle Heiligenfiguren in dieser Kirche dunkelhäutig…

Am besten gefallen hat mir aber, dass diese historischen Gebäude auch noch bewohnt oder genutzt werden, so auch mein Hotel mitten im Zentrum; und sogar die Betten waren wohl noch aus der Kolonialzeit (Zumindest hat meins stark gewackelt und war mir fast zu knapp und deutlich zu hoch; knapp bis zur Hüfte!).
Zum Glück habe ich im Voraus noch ein Zimmer reserviert, denn trotz Nebensaison war die ganze Stadt ausgebucht, denn zeitgleich fanden ein Festival für alternative Kunst und Musik und das große Semester-Opening-Wochenende der örtlichen Uni und Minenschule statt, bei dem sämtliche Verbindungen (die sich hier eher als Karnevalsvereine verstehen) Feste in ihren Häusern abhalten und alle Studenten durch die Straßen und Bars ziehen. Das hatte aber den großen Vorteil, dass in der Stadt richtig was los war!
Zum Abendessen gab’s aber erst mal eine regionale Spezialität, „Frango ao Molho Pardo“; auf der Speisekarte in Englisch als „chicken with special sauce“ übersetzt. Da war der Lonely Planet doch noch etwas präziser, tatsächlich wird das Fleisch im eigenen Blut geschmort, das dann mit einer Art Mais-Mehl-schwitze eingedickt und mit regionalen Gewürzen abgeschmeckt wird.
Na ja, Hühnchen wird wohl nie mein Lieblingsfleisch werden, aber die Sauce, serviert mit Reis und einer Art Polenta, war Weltklasse!
Und natürlich kommt aus dieser Gegend auch das „Pao de queijo“, kleine Teigkugeln mit Käsefüllung, die beim Ausbacken mit dem Teig verschmilzt, äußerst lecker auch als kleiner Snack zwischendurch…
Auf die Nacht hin wollte ich mir dann gemütlich das im Rahmen des Festivals auf dem Hauptplatz stattfindende Konzert anschauen und dann recht bald ins Hotel zurückkehren, da ich doch müde war und am Sonntag um 11 Uhr mein Bus zurück nach BH abfuhr.
In guter brasilianischer Tradition habe ich den Plan spontan geändert, nachdem das auf 22.00 geplante Konzert auch klassisch brasilianisch erst um 22.45 angefangen hatte, weil vorher noch niemand da war.
In der Wartezeit habe ich mir am Platzkiosk eine Dose Bier geholt, dabei einen Brasilianer namens Alisson kennen gelernt, der im Nachbarort wohnt, in Ouro Preto gerade Bergbau-Ingenieurswesen / Geologie studiert und die Wartezeit auf seinen Bus auch irgendwie überbrücken wollte.
Dann haben wir gemeinsam noch ein paar Bier getrunken und entschieden, dass die „Grande Show“ einer alternden Hippie-Gruppe mit Flötenspielern und Tambourin für uns doch etwas zu alternativ war und sind „auf einen Absacker“ in eine nahe gelegene Bar umgezogen, in der es etwas ans Douala erinnerte, zumindest was Publikum, Einrichtung und Atmosphäre angeht…
Er hat dann doch bei nem Kumpel übernachtet, weil der letzte Bus natürlich schon lang weg war und ich weiß jetzt, dass brasilianisches Bier auch Kopfweh bringen kann und selbst die größte Müdigkeit mit genügend Gauaraná-Limonade bestens bekämpft werden kann, denn ich bin wider Erwarten so rechtzeitig aufgestanden, dass ich sogar noch für einen kleinen Spaziergang durch den Stadtpark „Vale dos contos“ Zeit gefunden habe, ein kleines Tal mit Bach, das die Stadt am Hang durchzieht und in dem ein schön angelegter Weg mit Infotafeln durch den natürlich erhaltenen bzw aufgeforsteten Urwald führt.

Dann im Bus bin ich trotz leichtem Kater etwas stutzig geworden, als der Busfahrer seine Begrüßung mit den Worten „Gute Reise und möge Gott mit uns sein“ abgeschlossen hat, vor allem wenn man bedenkt, dass hier eine Vielzahl von mehr oder weniger rüstigen, schwerbeladenen LKWs die Eisenerze und Stahlerzeugnisse, teils mit zwei Aufliegern hintereinander, vom Bergland aus auf der gleichen Schnellstraße, die auch unser Bus benutzt Richtung Küste bringen..
Trotz der beschwerlichen Reise war es aber ein gelungenes Wochenende, die Reiseführer haben mit ihrer Einschätzung von Ouro Preto absolut Recht und bei so einer Busfahrt kann man ja auch die herrliche Landschaft genießen oder eben auch Reiseberichte verfassen ;-)